Auszug aus Ernst Tanners Buch «Dem Tod entronnen – immer wieder»:
Am 17. Januar 1972 traten mein Begleiter Marcel und ich den 1. Überflug in unserem kleinen Kolben-Helikopter Bell 47 J von Belp in der Schweiz nach Kamerun an. Mein Götti (Pate) kam, um uns zu verabschieden. Er sagte: «Vielleicht sehen wir uns auf dieser Erde zum letzten Mal.» Das bedeutete: «Entweder überlebst du dein Abenteuer gar nicht erst, oder ich selber sterbe in der Zwischenzeit.»
Er könnte Recht haben! Schon die nächsten paar Minuten nach dem Start zu unserem Mammutflug überzeugten mich davon. Mein erstes Ziel war Lausanne, in der Westschweiz. Ich hatte Hemmungen, die Stadt Bern zu überfliegen, und nahm Kurs nach Süden, um dort auf die Autobahn nach Lausanne zu stossen. Bald verlor ich jedoch die Orientierung. So landete ich neben einer Strasse, rannte mit meiner Karte in ein Restaurant und fragte, wo ich mich befände. Selbstverständlich erwähnte ich nicht, dass ich nach Afrika unterwegs war! Die Wolken hingen tief und bedeckten die Schwarzenburger Hügel, doch diese hatte ich zu überfliegen. Ich suchte ein Tal Richtung Süden und fand darin eine Bahnlinie. Nach ein paar Minuten verlor sich diese in einem Tunnel.
Laut Karte waren die Hügel nicht sehr hoch. Ich wagte mich dicht über den Baumkronen weiter südwärts. Plötzlich tauchte vor uns eine Überland-Stromleitung aus dem Nebel auf. Ich war schon zu nahe, um abdrehen zu können. So zog ich die Maschine in den Nebel hinauf, behielt die Drähte, die mir unbewusst als Horizont dienten, im Auge und wartete, bis der oberste, dünne Draht unter mir vorbei war. Nun musste ich sozusagen im Blindflug durch den Nebel absinken, bis die Baumkronen unter mir wieder auftauchten. Das dauerte allerdings eine ganze Weile, weil die Leitung auf dem Grat der Hügel verlief. Endlich fand ich eine Waldlücke und drehte ein paar Runden, um mich vom Schrecken zu erholen. Das Aufatmen war gross, als wir auf dem kleinen Flugplatz in Lausanne landeten. Eine schwierige erste Etappe war überstanden!