Gefährliche Anfänge – Eine teure Funklektion (2/2)

Auszug aus Ernst Tanners Buch «Dem Tod entronnen – immer wieder»:

Bei gutem Wetter starteten wir mit vollgetanktem Helikopter und neuem Mut von Lausanne Richtung Genf. Die Navigation war diesmal kein Problem, denn ich brauchte nur dem Genfersee-Ufer entlangzufliegen. Wir genossen die wunderschöne Landschaft unter uns. Mein Begleiter, der wie ich die Flugfunkausbildung gemacht hatte, schaltete die Frequenz des Kontrollturms Genf ein, aber da war buchstäblich Funkstille. 

Wir versuchten alle aufgelisteten Frequenzen. Überall herrschte Totenstille. Mit einem Auge blickte ich auf unser Funkgerät neben mir, um meinem Begleiter bei der Frequenzsuche zu helfen, und mit dem anderen folgte ich dem Ufer, bis ich mit Schrecken feststellte, dass ich ohne Funkverbindung nicht nur in den kontrollierten Luftraum eingedrungen war, sondern mich direkt vor der Landebahn befand! Im Sturzflug drehte ich nach links ab gegen den See und sah zu meinem zweiten Schrecken wenige Kilometer vor mir ein vierstrahliges Passagierflugzeug im Endanflug mit ausgefahrenen Landeklappen und ausgefahrenem Fahrwerk daher brausen. Ich musste im allerletzten Moment abgedreht haben, denn sonst hätte der Flugsicherheitsdienst die Maschine zum Abdrehen und Durchstarten angewiesen. Dann wäre das Malheur für mich blutigen Anfänger komplett gewesen. Der Pilot des Passagierflugzeuges hatte mich glücklicherweise nicht entdeckt, sonst wäre er mit Sicherheit durchgestartet. 

Ich flog im Tiefflug dem Ufer entlang Richtung Lausanne zurück, aus der Kontrollzone heraus und landete neben einem Bauernhof. Dort rief ich den Kontrollturm an: «Hier ist der Pilot von HB-XDK. Bitte entschuldigen Sie mein Fehlverhalten, mein Funkgerät fiel aus!» Die Antwort kam postwendend: 

«O.k., Sie sind es! Haben Sie das Passagierflugzeug im Endanflug gesehen?» – «Yes, Sir!», antwortete ich und versuchte dem Klang meiner Stimme einen entschuldigenden Ausdruck zu verleihen. «Können Sie mich bitte mit Lichtsignal einweisen?», fragte ich. Er gab mir die Erlaubnis und ermahnte mich, auf der für Helikopter vorgeschriebenen Route anzufliegen. Das tat ich dann auch. Er liess mich bei Rotlicht ein paar Kreise drehen, bis mir endlich das grüne Licht den seitlichen Anflug erlaubte. Ich landete vor einem grossen Hangar und suchte nach einem Techniker, der mein Funkgerät prüfen und eventuell reparieren konnte. Das war allerdings nicht nötig, denn er stellte sogleich fest, dass wir den «Squelch» zu weit zurückgedreht hatten. Mit dem Squelch wird der Geräuschpegel gesenkt. Das war eine teure Funklektion! 

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